Programm
Ahoi! Pop 2019
Fr. 01.11.2019 // 20:00 | Indie/Soul

Alice Phoebe Lou / 5K HD / Bobby Oroza / My Ugly Clementine


// GS: € 24/27/29 // Tickets!


Alice Phoebe Lou | Geboren irgendwo zwischen den Klippen des Kaps der Guten Hoffnung, gewandert durch die Gassen von Paris und Amsterdam und zwischenzeitlich bekannt als "populärste Straßenmusikerin Berlins": Die musikalische Reise von Alice Phoebe Lou ist ein nie endendes Abenteuer zwischen Soul, Jazz, ruppigem Blues und ätherischem Indiepop. Ihre Stimme ist fein. Zuerst. Dann holt sie aus, wird rau, bestimmt und springt munter zwischen Oktaven - was ihr völlig zu Recht Vergleiche mit Leslie Feist oder Kate Bush einbringt.

Mit ihrer ehrlichen Art, Geschichten zu erzählen, und ihrer rauen, schönen Stimme verzaubert Alice Phoebe Lou Musik-Liebhaberinnen und Liebhaber auf der ganzen Welt. Egal ob auf Hut spielend am Berliner Mauerpark oder inzwischen, verstärkt und mit Band, in nicht selten ausverkauften Clubs und Hallen: Stets gibt sie alles und vertritt ihre Meinungen und Ansichten vehement.

Alice Phoebe Lou geht konsequent unabhängig an ihre Musik heran. So schöpft sie ein kreatives Selbstvertrauen, das man deutlich aus ihrem fesselnden Gesang und ihrer reduzierten Musik heraushört. Respekt ringt auch ab, dass sie eine Einladung von James Blunt, im Vorprogramm seiner Europatournee zu spielen, nonchalant ausschlug. Doch auch so kann der Erfolg kommen. Das beweist eine Oscar-Nominierung in der Kategorie "Best Original Song" für ihren überirdischen Song "She".

Nach dem Debütalbum "Orbit" aus dem Jahr 2016 folgt nun mit "Paper Castles" das zweite, reife und coole Werk der Gitarristin, Songwriterin und Sängerin. Ehrensache, dass die Frau, die fast alles über Musik und Performance auf der Straße gelernt hat, damit auch wieder verreist - und beim Ahoi! Pop Festival die Zeit still stehen lässt.

Aktuelles Album: "Paper Castles" (2019), Motor Entertainment

5K HD | Als 5K HD im Jahr 2017 ihr Debüt-Album "And To In A" präsentierten, war aus dem Nichts eine Band da, die sofort als Supergroup bezeichnet wurde. Die MusikerInnen sind ja allesamt keine Unbekannten: Neben Mira Lu Kovacs, Sängerin und Mastermind der Amadeus-Preisträger Schmieds Puls, schätzt man die weiteren Mitglieder als das vierköpfige Line-up der Jazz-Improvisatoren Kompost 3.

Fusioniert sind 5K HD eine Live-Gewalt, die in den letzten knapp 2 Jahren auf den Popfestivals als Stimmungsmacher und auf den Jazzfestivals als virtuose Soundtüftler abgefeiert wurden. Kaum eine Band ist derartig frei, nimmt sich so viel heraus und schafft diesen musikalischen Spagat. Auch im neuen Video "In, Out" klingen 5K HD futuristisch, zerbrechlich, episch, brachial, verspielt, bedrohlich, cineastisch, verzerrt, locker flockig, dope, bad ass, sensitive.

5K HD ist ein eingängiges und auf euphorische Art verstörendes Pop- und Hochkultur-Experiment, das gänzlich ohne Laptop auskommt, auch wenn es sich oft nach dem Gegenteil anhört. Die Band vermischt die tradierten Rollen ihrer Instrumente, lässt den Bass spielen, was normaler Weise vom Keyboard kommt oder verteilt die Fingerfolgen einer Klavierkomposition auf die anderen Instrumente. Ein elektronischer Klang bekommt die Struktur eines barocken Madrigals. Elemente aus Minimal, Trap und Oper werden in komplexe Kompositionen verwandelt, die so easy daherkommen wie Jazz auf Heroin.

Wer nicht Musik studiert hat, wird all die Formen, Anspielungen und ihre Berechnungen nicht benennen können, sie sehr wohl aber spüren. Viele haben gesagt, sie können kaum glauben, dass alle Sounds von der Bühne kommen und live gespielt werden. Das macht die Band auch zu einer, der man gerne auf die Finger schaut.

"These musicians are so in tune that they seem to melt into one another. It miraculously puts you into an altered state where you float along with their musical tide." (New York Theatre Guide)

"Wo sich andere in Labyrinthen der Verästelung verirren, bekennen sich Kompost 3 und Mira Lu Kovacs zu unverstellter Emotionalität." (Die Presse)

Besetzung: Mira Lu Kovacs: Gesang, Benny Omerzell: Keyboards, Manu Mayr: Bass, Martin Eberle: Trompete, Lukas König: Schlagzeug
Aktuelles Album: "And To In A" (2017), Seayou Records

Bobby Oroza | Das Kafe Moskova, eine aus der Zeit gefallene Bar in Helsinki, die dem Filmregisseur Aki Kaurismäki gehört, ist die Geburtsstätte eines wunderbaren Soulsängers und -gitarristen. In der Luft mischt sich Wodka mit Rotwein, zwei, drei traurige Gestalten tanzen sich ihre Tränen von der Seele, in der Ecke ein croonender Beau, der auch einiges an Schmerzen zu verdauen hat. Das ist das Setting zum Video "Your Love Is Too Cold", der Single aus dem ganz erstaunlichem Debütalbum "This Love" von Bobby Oroza.

Der gerade einmal 23-jährige Oroza ist gebürtiger Finne mit bolivianischen Wurzeln. Nicht gerade eine biographische Steilvorlage für einen Musiker, der die Soul-Communities rund um den Globus in Aufruhr versetzt. 2016 spielte er mit seiner formidablen Band Cold Diamond & Mink den ersten Song "This Love" ein, der zum Hit in Lowrider-Kreisen wurde und sogar als Sample in einem Track des Rapstars Earl Sweatshirt landete. Mit seinen harten Drums, den wilden Riffs, dem vergrabenen Bass und Bobbys verhaltenem, aber intensivem Tenor ist das Stück ein Muss für Soul-Sammler und hat sich als 7" mehr als 3.000 Mal verkauft.

Im Mai 2019 ist das gleichnamige erste Album von Bobby Oroza erschienen und zwar gleich beim renommierten New Yorker Label Big Crown Records, dem wir auch die Entdeckung von Lee Fields & The Expressions verdanken, die vor zwei Jahren am Ahoi! Pop Festival begeisterten.

"This Love" betrachtet das Thema aller Themen vor allem von der Schattenseite aus. Dabei kommt dem jungen Leidenden sowohl seine finnische Herkunft zupass, als auch seine sanftmütige, an den großen Curtis Mayfield erinnernde Art Stimme und Gitarre zu behandeln. Mit Songs wie "Alone Again", "Down On My Knees" und "Deja Vu" beschwört er eine intensive, leicht abgründige Sinnlichkeit - ein Haubenmenü für Balladenliebhaber, die voller Sehnsucht in die Nacht starren.

Doch Oroza stellt nicht nur sein Weh zur Schau, sondern hat auch einiges für die Tänzer im Publikum in petto: Stücke wie "Lonely Girl" und "Falling in Love" sind Verneigungen vor dem Northern Soul, "Keep On Believing" liefert Jazz-Funk wie aus den Siebzigern. Diese hinreißende Mischung ist, wie Samir Köck in der Presse schrieb, "ideal für Teenager jeglichen Alters".

Aktuelles Album: "This Love" (2019), Big Crown Records

My Ugly Clementine | Noch eine Wiener Supergroup! Und auch hier ist Mira Lu Kovacs, die heute zweimal die Ahoi! Pop Bühne betritt, mit dabei. My Ugly Clementine ist aber das Brainchild von Sophie Lindinger (Leyya). Sie hat sich dafür neben Kovacs mit Kathrin Kolleritsch (Kerosin95) und Barbara Jungreithmeier (Daffodils) umgeben.

Wie groß die Sehnsucht nach Neuem der handelnden Personen ist, zeigt das: Wiewohl das Quartett bis dato noch keine Musik veröffentlicht hat, war die erste angekündigte Live-Show von My Ugly Clementine in Wien innerhalb weniger Stunden ausverkauft. Gitarre, Bass, Schlagzeug - das will man eben doch lieber hören als glattgebügelte Stimmen und Bubblegum-Effekte. Und dahin fährt der Zug für My Ugly Clementine.

Bevor die Band als solche entstand, entstanden Sophie Lindingers Songs - aus Ideen "zur Abwechslung" zu ihrer Stammband Leyya, die in den letzten Jahren zwei gefeierte Alben veröffentlichte, Musikpreise gewann und um den Globus tourte. Dabei wird auch gleich das Klischeebild entsorgt, wonach sie (fälschlicherweise "nur") als "die Sängerin" identifiziert wurde. Schon bei Leyya hatte sie als gleichberechtigte Mitproduzentin und Songschreiberin des Duos wesentlichen Anteil an dessen Erfolg. Bei My Ugly Clementine tritt sie noch stärker an die Schalthebel, spielt Bass, um gleichzeitig Raum für den energiegeladenen Gesang von Kathrin und Barbara zu schaffen.

Nach einem perfekten Live-Einstand und der Ohrwurm-Single "Never Be Yours" legten My Ugly Clementine im Sommer mit knappen drei Minuten musikalischem Sonnenschein nach - nicht ohne eine klare Botschaft weiblichen Selbstbewusstseins abzusenden: Ich bin, wie ich bin: "Accept the good, the bad, the ugly".