Programm
Ahoi! Pop 2017
Fr. 03.11.2017 // 20:00 | Alternative

Voodoo Jürgens / Black Lips / Childhood / Impala Ray

+ Laming Hips DJ-Team


// GS: € 28/32/36 // Tickets!


Voodoo Jürgens | Ob Udo - Gott hab ihn selig - Bockelmann über den Schmäh seines Namensfledderers hätte lachen können, lässt sich freilich nicht mehr sagen. Sei es drum. Jedenfalls ist Voodoo Jürgens mittlerweile auch ohne Absolution des geheiligten Schlagerfürsten vom Wiener Beisloriginal zum "Austro-Pop-Hype der Stunde" (Musikexpress) aufgefahren.

Das hat nämlich seine Gründe: Zum einen natürlich muss das so genannte Wiener Pop-Wunder ständig neu gepriesen werden, um den Pilgerstrom nicht versiegen zu lassen. Zum anderen haben wir es beim 34-jährigen David Öllerer in der Tat um einen ausnehmend multitalentierten Künstler zu tun. Einer der es versteht, die Wiener Lebens- und Wirkensart von HC Artmann und Helmut Qualtinger über Ambros, Danzer und Hirsch bis Wanda und den Nino aus Wien aufzusaugen und neuzudeuten. Und einer der es gleichzeitig versteht, Dylan, Cohen und Waits, Schrammelpunk (den er früher schon bei den Eternias gepflogen hat) und den Rumpelrock seines Haberers Pete Doherty einzugemeinden.

Auch wenn in den nächsten zehn, zwanzig Jahren noch viel Wasser die Donau hinunterfließen wird - eines lässt sich jetzt schon fix sagen: Von Voodoo Jürgens wird man auch noch reden, wenn die nächsten und übernächsten Hype-Säue durch Gumpendorf getrieben werden.

Denn was der Mann mit den Gnackfransen seit der Hommage an sein Heimatstädtchen ("Tulln") austeilt und einsteckt, ist Weltklasse: Das Album "Ansa Woar" mit dem Überhit "Heite grob ma Tote aus" toppt die Charts und bringt dem  ehemaligen Friedhofsgärtner einen Amadeus. Er obsiegt in der Wiener Stadthalle vor den Libertines genauso wie auf der Donauinsel. Und auch die "Deitschn", deren Festival-Saison er heuer mit Lässigkeit schmückte, reißen sich um den neuen "King of Wienerisch" (Die Zeit). Weil er den Wiener Strizzi vollendet auf der Bühne gibt. Mit herrlichem Hamur, gelebtem Halbwelt-Habitus und einer nie still stehenden Gschichtldruckerei.

Aktuelles Album: "Ansa Woar" (2016), Lotterlabel

Black Lips | Geboren aus der Do-it-yourself-Ethik des Garage Rock'n'Roll lassen die Krawallmacher aus Atlanta, Georgia ein eigenes Genre sprießen. Es trägt den Namen eines alten Frank-Zappa-Favorites: Flower Punk. Irgendwo zwischen den frühen Stones und den Stooges, den befreundeten Black Keys, Dirtbombs und Two Gallants siedeln die vier Freaks ihren superdreckigen Midtempo-Rock an, dem es auch an räudigem Blues und einem Schuss Motown-Soul nicht gebricht.

Seit dem Jahr 2000 lassen die Black Lips bereits ihre fuzzy Gitarren auf Anschlag dröhnen und die Beats gemächlich scheppern. Neun Alben haben die ungekrönten 60ies-Trash-Götter während dieser 17 Jahre unter die Leute gebracht. "Satan's Graffiti Or God's Art?" titelt das aktuelle als Anti-Konzeptalbum angelegte Werk, auf dessen Gästeliste sich prominente Namen wie Saul Adamczewski (Fat White Family), Yoko Ono und, als Produzent, Sean Lennon finden.

Bei ihren Live-Shows ist die derzeit aus Sänger, Gitarrist und Harp-Spieler Cole Alexander, Lead-Gitarrist Jack Hines, Bassist Jared Swilley, Drummer Oakley Munson und Saxophonistin Zumi Rosow formierte Band stets für seltsame Späßchen zu haben. Davon künden etliche Clubverbote und handfeste Skandale, wie etwa bei ihrer desaströsen Indien-Tour. Es ist aber auch wirklich nicht die schlaueste Idee, sich in einem bekanntermaßen religiös geprägten Land exhibitionistische Eskapaden auf der Bühne zu leisten. (Die Band musste anschließend fluchtartig das Land verlassen.)

Gerade wegen ihres mitunter, sagen wir, diskutablen Bühnengebarens bieten die Black Lips genügend Angriffsfläche für übelgesinnte Kritiker. Doch Obacht vor vorschnellen Schlüssen: Hinter all dem Schabernack blüht grandioses Musikantentum.

Aktuelles Album: "Satan's Graffiti or God's Art?" (2017), Vice Music

Childhood | Wer möchte schon von einer Band zwei gleiche Platten hören?! Aber der stilistische Salto, den Childhood auf dem Weg vom ersten zum zweiten Album vollziehen, ist in der Tat erstaunlich. Gefiel sich die 2010 von Ben Romans-Hopscraft und Leo Dobsen in Nottingham gegründete Band auf ihrem Debütalbum "Lacuna" (2014) noch in flirrendem Dreampop und dubbigem Psychedelic Rock, so geben sich Childhood heuer auf "Universal High" den soft rockenden Grooves eines Smokey Robinson vermischt mit subtilem Soul der Marke Isley Brothers, Curtis Mayfield und Shuggie Otis hin.

Und es ist eine Glanztat, die nach lyrischen Vergleichen schreit. Unvermittelt wird man daran erinnert, wie sich ein Sommernachmittag anfühlt. Wie sich das goldene Licht auf den Straßen des Südens seinen Weg unter die Haut bahnt. Wie Childhood dieses Kunststück gelingen konnte, liegt im sonnigen Klima von Atlanta begründet, dem Aufnahmeort von "Universal High". Und an zwei Herren, denen wir zuvor schon bei den Black Lips begegnet sind: Mit dem einen, Saul Adamczewski von der Fat White Family, betreibt Sänger und Songwriter Ben Romans-Hopscraft die Projekte Warmdüscher und Insecure Men. Adamczewski stellte ihn wiederum dem anderen vor - Sean Lennon. Bei letzterem absolvierte Romans-Hopscraft so etwas wie eine Meisterklasse in Songwriting, was dazu führte, dass Childhood heute diesen vor Harmonie berstenden, superslicken Laidback-Sound entfalten.

Oder wie der Musikexpress schreibt: "Nun atmet ihre Musik eine souveräne Sexiness, die aus jedem butterweichen Basslauf strahlt, aus jeder leuchtenden Orgelfläche und aus jeder grandiosen Melodie, und jeden, der noch zwei gesunde Beine besitzt, auf den Tanzboden zwingen sollte."

Aktuelles Album: "Universal High" (2017), Marathon Artists

Impala Ray | Der Münchner Rainer Gärtner kennt keine Kompromisse, nur Sehnsüchte und Träume. Unter seinem Nom de plume Impala Ray hisst er die Segel und reist auf den Weltmeeren. Ging er zuletzt im "Old Mill Valley" an Land, so begibt er sich auf seinem neuesten Werk "From The Valley To The Sea". Dementsprechend spielt die Sehnsucht nach der großen Freiheit, der Weite, dem Horizont die Hauptrolle in den wunderschön arrangierten Songs.

BayFolk nennt Impala Ray seinen außergewöhnlichen Sound: Eine Verbindung aus dem lässigen Lifestyle der San Francisco Bay Area in den 60er Jahren und dem Charme der bayerischen Tradition. Und genauso klingt BayFolk. Da wird plötzlich die Tuba aus ihrer gewohnten Volksmusik-Umgebung herausgerissen und mit dem E-Bass getauscht. Das Hackbrett wird kurzerhand zum Soloinstrument umfunktioniert und klingt dann nach einer Mischung aus Mandoline und Synthie. Die augenzwinkernd smarten Akustikgitarrenriffs geben zusammen mit den unverschämt frischen Drums den nötigen Drive dieser Musik. Alles in allem ein Sound, den es so in der Popmusik noch nicht gegeben hat.

Jetzt kann man Impala Ray noch ein letztes Mal live erleben, bevor er sich für längere Zeit von den Bühnen verabschiedet. Denn die nächste Reise steht an, von der er neue Songs mitbringen wird.

Aktuelles Album: "From The Valley To The Sea" (2016), 7us music