Wenn die Weilheimer Indie-Urväter ein neues Album veröffentlichen, beschwört das ein gewaltiges Echo der Vorfreude herauf. Ganz ohne großangelegten Marketing-Feldzug. Da reicht ein im Netz lancierter Song, um für Aufregung in den sozialen Netzwerken zu sorgen. So geschehen mit dem Titeltrack von "Close To The Glass", jenem Album, das The Notwist nach sechsjähriger Stille zurück ins Zentrum der Aufmerksamkeit bringt.

1989 gegründet, inspirierte die von den Gebrüdern Markus und Micha Acher sowie dem 1997 dazugestoßenen Martin Gretschmann alias Console betriebene Band "auf halbem Weg zwischen Beatles und Techno" (Die Zeit) eine ganze Szene um sie herum. Ständig neue, um Pop, Jazz, Elektronik und HipHop kreisende Projekte sprossen aus dem Notwist-Netzwerk, wie etwa Lali Puna, Tied & Tickled Trio oder 13&God, um nur die prominentesten zu nennen. Ein Umstand, der das britische Magazin The Wire schon 1998 fragen ließ: "Is Weilheim the new Seattle?"

Mit "Close To The Glass" veröffentlichen The Notwist nun die gleichzeitig vielseitigste, aber auch homogenste Platte ihrer 25-jährigen Geschichte. Die Band verwendet gerne den Begriff "Collage", wenn sie das Gesamtbild der zwölf Stücke beschreiben soll: Komplexe elektronische Tracks wechseln sich ab mit Liedern, auf denen fast nur Markus Achers Stimme, begleitet von einer Akustikgitarre, zu hören ist. Und es gibt mit dem mitreißenden "Kong" den eindeutigen Hit der Platte, der von Null auf Eins der FM4-Charts kletterte.

Kurz: "Close To The Glass" ist ein "Ereignis", wie der Musikexpress befindet. Ein Ereignis sind auch ihre Live-Shows, bei denen The Notwist eine Dringlichkeit und Souveränität ausstrahlen, wie es nur die wirklich großen Bands vermögen.

"Hinfallen, aufstehen, weitermachen. Etwas Neues probieren. Experimentieren. Eine typische Notwist-Rezeptur, die wirkt." (taz)

"Das obsessive Feuer innerhalb der Band brennt vielleicht mehr denn je." (Intro)

Jel | Mit dem Indie-Rap-Produzenten und Mitgründer des Labels Anticon, Jeffrey Logan alias Jel aus Oakland, haben The Notwist einen Freund der Familie mit am Start. Mit seinem Weggefährten Doseone unterhält dieser das HipHop-Duo Themselves, das wiederum gemeinsam mit den Weilheimern das transatlantische Bündnis 13&God bildet.

"Late Pass" nennt sich Jels im Vorjahr erschienenes drittes Soloalbum, ein mit chirurgischer Präzision in sechsjähriger Arbeit erschaffenes Konstrukt aus Samples, peitschenden Drums und verstörenden Vocals. Das Ergebnis hört sich an wie eine Mischung aus der Explosivität Public Enemys und der Verspieltheit deutscher Krautgrößen wie Can. Und wer das für unmöglich hält, kann sich auf "Late Pass" eines Besseren belehren lassen, denn Jels Musik ist scheppernd und intensiv, aber nicht ohne den nötigen Swing, um Köpfe zum Nicken zu bewegen.