Er brennt wieder. Und das sogar heißer, dichter und unmittelbarer als zu Zeiten seiner Alpinkatzen. Ganz offensichtlich hat sich Hubert von Goisern mit seinem neuen Album "Entweder und Oder" künstlerisch freigeschwommen vom weltmusikalischen Ballast der vergangenen Jahre, vor allem also von der strapaziösen Linz09-Donautournee, an der über 100 Musiker aus 12 Ländern teilnahmen, und die ihn von Linz aus über die Donau zum Schwarzen Meer und über den Rhein an die Nordsee führte. Etwa fünf Jahre war der immer schon gern reisende Freigeist aus dem Salzkammergut mit diesem Megaprojekt beschäftigt - inklusive Vorbereitung und dokumentarischer Nachbetrachtung (z.B. in Gestalt der DVDs "Goisern goes East" und "Goisern goes West").

Was von dieser Tournee im aktuellen Goisern-Sound übrig blieb, hat exakt drei Namen: seine jungen Verbündeten vom Donauschiff, der Schlagzeuger Alexander Pohn, der Bassist Helmut Schartlmüller und der Gitarrist Severin Trogbacher. Sie mussten den inzwischen 59-Jährigen erst einmal überzeugen, zu seinen extrem entschlackten, manchmal versonnen-intimen ("Es is wias is"), manchmal druckvoll-räudigen Liedern ("Brenna tuats guat") zu stehen. Ganz ohne Gastmusiker, aber natürlich mit Ziehharmonika im Anschlag und ohne Blatt vor dem Mund erleben wir einen Menschen, der zur Reduktion als Ausdrucksmittel gefunden hat und die grundlegenden Zusammenhänge des Lebens erkundet.

Hätte Hubert von Goisern im Laufe seines Schaffens nicht immer schon waghalsige Wendungen unternommen, könnte man dieses Album als radikalen Neuanfang und gleichzeitig als Rückkehr zu seinem ungeliebten Image als Alpenrocker und Volksmusikrebell sehen. Überraschungen und scheinbar Unvereinbares gehören bei diesem ewig Suchenden aber zum guten Ton. Deswegen ist auch "Entweder und Oder" bei Hubert von Goisern und seinem umwerfend wuchtig agierenden Live-Trio mitnichten ein Widerspruch!