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Meinung

Versäumte Konzerte Teil eins

Andreas Kump


Mi. 01.08.2012

Konzerte, die ich zu meinem großen Leidwesen im Posthof versäumt habe: Jonathan Richman. Das muss mir entweder 1984 oder 1985 passiert sein. Zu meiner Entschuldigung vor mir selber: Ich kannte den US-amerikanischen Singer-Songwriter damals ganz einfach noch nicht. Das Kennenlernen geschah erst ein paar Wochen nach dessen Linzer Auftritt. Am Plattenteller eines Münchener Freundes. Dort drehte sich "Ice Cream Man" von Jonathan Richman & The Modern Lovers. Ein enthärteter Rock'n'Roll-Song. Mit textlicher Preisung eines fahrenden Eisverkäufers. "Ice Cream Man, ring your bell/play the music/I learned to love so well". Prototypisch für das Frühwerk von Richman - und das spätere Schaffen auch. Eine große Packung Lebensfreude, ein Viertel ikonenhafte USA, eine durch Schmelz in der Stimme eingestreute Prise Naivität, ein Rhythmus bei dem man mit muss - fertig.

Mit 17, ich war gerade frisch in die Phase subkultureller Konventionen eingetaucht, brachte mir Jonathan Richman gleich wieder die gedankliche Befreiung davon. Erlaubt ist, was Spaß macht. Punkt. Eine Check-List des Coolen? Unwichtig. Warum sich als Testosterongeschwängertes Jungmännchen aufführen, wenn man derart sexy als "Little Dinosaur" über eine Bühne tanzen und krabbeln kann? Eben. "I'm a little Dinosaur" - da scheißt sich einer gar nichts. Und ist trotzdem niemals bei Wes Anderson, der seine affektierten Filme mittlerweile nur noch für NEON-Leserinnen bzw. Leser zu machen scheint. Richman ist anders. Begnadeter, mitreißender, tiefgehender. Richman singt über Sachen, über die außer ihm keiner singt. Und wenn, dann zumindest nicht so. Sei es der "Corner Store", die "Fender Stratocaster" oder "Twilight in Boston" (seiner Heimatstadt). Allein die Songtitel seines großartigen Albums "Rockin' and Romance" aus 1985: "The Beach", "Chewing Gum Wrapper", "Vincent van Gogh"...

In "My Jeans" singt er: "Why not Levis?/Why not Levis?/Well the bum never fits/nor the hips nor the thighs". Die Abrechnung mit dem fraglichen Hersteller über die Frage der Passform mündet in die Kaufempfehlung für Wrangler. Was sich jetzt konsumistischer liest, als es ist. T-Shirts, Jeans - für Jonathan Richman so etwas wie die zweite Haut. Kaum vorstellbar, dass der Mann mehr als zwei Hosen hat. Eine gerade an, eine gerade in der Wäsche. Mehr braucht es nicht. Nicht umsonst rät er im Song "Everday Clothes" seiner Liebe: "Going to a party and she's wondering what's the way./I say ,look, why don't you just wear what you'd wear everyday?/You know, T-Shirt, you know sweatshirt/You know, cut off shorts you know those/Plain old everyday clothes."

Ein Haushaltsname des Rock'n'Rolls ist Jonathan Richman mit alldem nur so leidlich geworden. Dabei begann es für den anfänglichen Velvet-Underground-Verehrer in den 1970er-Jahren durchaus vielversprechend. Seine von John Cale produzierte Single "Roadrunner" machte Wetter. Die Sex Pistols coverten "Roadrunner" im Jahr 1976 und der amerikanische Rockschreiber Greil Marcus nahm in seinem späteren Epochenwerk "Lipstick Traces" darauf positiv Bezug. In England kam er damit sogar in die Charts. Platz 11 für "Roadrunner". Kurz darauf schaffte es Richman selbst in die Top-10. Diesmal mit "Egyptian Reggae", dem einzigen richtigen Hit, den der charismatische Sänger bislang landen konnte. In den Achtzigern, von allen Konventionen und kommerziellen Ansprüchen befreit, folgte eine großartige Platte nach der anderen. Richtig weg war Richman nie. Er spielte weiter. Andauernd. Platte um Platte. Konzert für Konzert. Große Artikel über ihn sind mir unbekannt. In SPEX gab es einmal ein kurzes Interview mit ihm. Clara Drechsler führte es, soweit ich mich noch erinnern kann. Richman wird dabei einen Avocadosalat essend beschrieben. Typisch. Interviews, egal mit wem, mag Jonathan Richman nämlich nicht besonders. Ende der Neunziger tauchte er dann völlig unvermutet auf der Kinoleinwand auf. Als singender Erzähler im Film "There's Something about Mary" mit Cameron Diaz und Ben Stiller. In der deutschen Fassung "Verrückt nach Mary" wurden Richmans Songs übrigens von Bernd Begemann neu eingesungen. Sorry, aber das tat weh. Und hat die Story auch nicht verständlicher gemacht, weil ohnehin klar. Aber egal. Das versäumte Posthof-Konzert habe ich dann 23 Jahre später nachgeholt. 2008 in Dublin. Jonathan Richman war großartig. Keine Setliste, nicht einmal ein Gitarrengurt, aber ein aus der Hüfte geschütteltes Konzert zwischen purem Spaß und ...

Wenn alles gut geht, sehe ich ihn Mitte August in Amsterdam wieder. Mein zweites JR-Konzert in gefühlten tausend Jahren. Eindeutig zu wenig, aber immerhin. Im September ist Richman dann mit Wilco in den USA auf Tour. Vielleicht kommt er 2013 ein zweites Mal in den Posthof? Mit dann schon 61 Jahren. Aber genauso gut wie immer. Ich würde es mir wünschen.

Der Autor: Andreas Kump lebt in Wien, bereist von dort ständig Linz, und hat zu allem in der Stadt eine Meinung.



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