• lido k
    lido k
  • salut salon c gabo k
    salut salon c gabo k
  • nils frahm c markus werner k
    nils frahm c markus werner k
  • mathias tretter c enrico meyer k
    mathias tretter c enrico meyer k
Meinung

Der Sommer, als Rainer Krispel als Romanautor debütierte

Andreas Kump


Di. 04.09.2012

Rainer Krispel hat ein Opens external link in new windowBuch veröffentlicht. Für Menschen, die den ehemaligen Sänger der ehemaligen Linzer Bands Opens external link in new window"Target Of Demand" und Opens external link in new window"Seven Sioux" nicht persönlich kennen, mag das eine nüchterne Feststellung sein. Tatsächlich verbirgt sich hinter diesem unscheinbaren Satz aber eine kleine Sensation. In Linz geboren und musikalisch sozialisiert, später nach Wien gezogen und dort nunmehr als "Musik- und Schreibarbeiter" lebend, hat Rainer den tief verinnerlichten Wunsch nach Offenlegung seines persönlichen Punk-Bekenntnisses ganze zwei Jahrzehnte vor sich hergeschoben. Mindestens. Selbst wohlwollende Freunde, wie der Autor dieser Zeilen, glaubten schon nicht mehr an das Zustandekommen des lange angekündigten Werkes. Aber wie heißt es so schön? Unverhofft kommt oft. Und tatsächlich liegt "Der Sommer als Joe Strummer kam", der erste - ja, was? - Roman von Rainer Krispel nun bei mir am Schreibtisch. Als richtiges Buch. Bedruckte Seiten zwischen zwei Deckeln. Ausgelesen nach nur einem Tag.

Sollte es so etwas wie Opens external link in new window"Airport-Literatur" - Bücher, die man vor einem Langstreckflug am Abflughafen kauft und nach der Landung gleich wieder zufrieden entsorgt - wirklich geben, dann darf sich auch Rainer der Schöpfung einer eigenen Literatur-Gattung rühmen. Sein Roman ist vermutlich das erste Exemplar einer "41er-Literatur". In Anspielung auf die Linzer O-Buslinie mit der Nummer 41, die vom Opens external link in new windowHessenplatz in die Baintwiese fährt - und umgekehrt. Richtiger wäre noch "41er/43er-Literatur", weil Rainer immer an der Haltestelle Hörzingerstraße einstieg, die beide Linien bedienen. Ganz richtig wäre allerdings "41er/42er/43er-Literatur". Denn zur fraglichen Hauptzeit in "Der Sommer als Joe Strummer kam", den Achtziger-Jahren, verkehrten die drei O-Buslinien deckungsgleich auf diesem Fahrabschnitt. Der 41er hatte da mit der Neupeint auch noch eine andere Endhaltstelle. (Ich darf das jetzt so genau schreiben, weil Rainer zu meiner großen Freude in seinem Buch auch so vermeintlich unwichtige Linzer Sachen in gebührender Länge beschreibt. Außerdem ist das wichtig. Speziell für diese Buchkritik. Weil ich Rainer just im 41er früher häufigst traf. Am Weg zu Konzerten in der Opens external link in new windowKapu. Oder danach. Oder an ganz einfachen Wochentagen in irgendeinem Jahr.)

Tatsächlich habe ich "Der Sommer als Joe Strummer kam" im 41er angelesen. (Keine Ahnung, wie oft man die Runde zwischen Hessenplatz und Baintwiese drehen müsste, um die gesamten 176 Seiten lesen zu können?) Das hat wunderbar gepasst. Rainer Krispel heißt in seinem weitestgehend autobiografischen Roman Gustav. Alles, was Rainer auf seinem stacheligen Karriereweg als Punk und Punk-Sänger, als lokaler Hardcore-Papst der ersten (und vermutlich auch letzten) Stunde erlebt hat, ist demnach genauso oder ähnlich Gustav widerfahren. Beginnend bei der Erläuterung des familiären Backgrounds als Erklärungsmodell für eigene Marotten, oder - heute undenkbar - den ersten Konflikten eines ungewöhnlich gekleideten jungen Mannes mit der Staatsmacht. "Gustav zückte sein einziges Ausweispapier, einen gelben Schülerausweis der Linzer ESG, der ihn berechtigte, kostenlos mit den O-Bus-Linien 41, 42 und 43 zu seiner Schule zu fahren. Der Uniformierte prüfte den Ausweis eingehend. "Was machen Sie hier?'" Nun, Rainer, pardon Gustav, wartet auf Seite 58 gerade darauf, dass das Plattengeschäft Wahn & Sinn in der Adlergasse aufsperrt, um sich dort die Live-LP "On Stage" der Band Exploited zu kaufen. Was ca. 40 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs in Linz scheinbar nicht komplikationslos möglich war. (Siehe auch die Eingangssequenz des oben unter Kapu verlinkten ORF-Beitrags, wo im Hintergrund ein Polizist eine Fahrradfahrerin am Hauptplatz kontrolliert.) Ähnlich aufklärerische Abschnitte betreffen das Sammeln von Rechnungen aus Konsum-Filialen für die Oma am Froschberg, den Hader mit seltsamen Lehrern, die erstmalige Einnahme von Captagon und die Erlebnisse bei Auswärtsfahrten seiner späteren Bands. Selbstverständlich sind die Seiten auch gespickt mit englischen Songzitaten und Anleihen an diverse Heroen des Autors. Dabei bleibt das Buch auch seiner Zeitlinie nicht immer treu. Das macht, der Selbstversuch hat es gezeigt, dem Dabeigewesenen wenig aus. Ob andere neugierige Leser damit Probleme haben könnten, wird sich zeigen. Saugut der Einstieg mit Elvis Costello in der Freudenau. Missionarisch der Abschnitt über ein Amsterdam-Konzert der Opens external link in new windowRamones. Für Dabeigewesene hingegen gewöhnungsbedürftig: Die vielen falschen Namen real existierender Charaktere. Aber vielleicht war das wichtig, um auch wirklich alles schreiben zu können? Stichwörter: Alkohol und Sex. Andererseits: Warum die eigene Band "Stand To Demand" nennen?

Wer sich für lokale Musikgeschichte, Punk oder offenherzige Bekenntnisliteratur mit jeder Menge Lokalkolorit interessiert, der macht mit "Der Sommer als Joe Strummer kam" sicher keinen Fehlgriff. So viele Bücher gibt es nicht, in denen der Union-Tennisverein in der Linzer Landwiedstraße eine Nebenrolle spielt. Es hat Laune gemacht, die Gegend um die Ecke in Literatur verwandelt wiederzufinden. Nachdem der erste kleine Ziegel verlegt ist, kann ja ein weiterer, abstrakterer über die eigentliche Welt folgen. Die Welt hinter Linz und Punk. Falls es die gibt.

Rainer Krispel, Der Sommer als Joe Strummer kam, Edition Kürbis, Wies, 2012, www.kuerbis.at

Der Autor: Andreas Kump lebt in Wien, bereist von dort ständig Linz, und hat zu allem in der Stadt eine Meinung.



Mittwoch, 24. April 2024

NEWS

Ersatztermin in Planung, bereits gekaufte Tickets behalten Gültigkeit und müssen nicht umgetauscht werden
Laufend aktualisiert: Umplanungen, Verschiebungen, Absagen auf einen Blick
LINZ AG FrischLuft Open Air 2024 von 29. Mai bis 31. August am Linzer Hafen

Specials