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Essays

Hans Weiss

Von armen Bauern und Subventionskaisern


Di. 01.02.2011

Ohne Agrarsubventionen würden die österreichischen Bauern am Hungertuch nagen. So lautet seit Jahren der gängige Marketingschmäh des ÖVP-Bauernbundes. Und weil das die österreichischen Medien kritiklos nachbeten, glaubt das die Bevölkerung auch.
Offiziell, dank eines ausgeklügelten Steuersystems mit zahlreichen Sonderregelungen, die nur für Bauern gelten, stimmt das auch. Laut Landwirtschaftsministerium müssen in Österreich nur etwa 3500 Bauern Einkommensteuer zahlen. Die restlichen 150 000 sind offiziell bettelarm und verdienen so wenig, dass sie gar nicht einkommenssteuerpflichtig werden.
Die steuerlichen Zauberworte, die das in der Landwirtschaft möglich machen, heißen "Einheitswert" und "Pauschalierung" und werden von den herrschenden Agrarfunktionären mit Zähnen und Klauen verteidigt.
Der Einheitswert ist ein fiktiver, vom Finanzministerium extrem niedrig angesetzter Wert, der das Einkommen der Landwirte festlegt. Und die "Pauschalierung" sorgt dafür, dass die Landwirte bis zu einem Grenzwert von 65.500 Euro jährlich keinerlei Nachweis über Einnahmen und Ausgaben führen müssen. Das Finanzministerium hat nun angekündigt, dass dieser Grenzwert Anfang des Jahres 2011 auf 100.000 angehoben werden soll. Das bedeutet, dass nun auch viele Großbauern in den Genuss einer Einkommensteuer-Be­freiung kommen werden. Man kann das durchaus als maßgeschneidertes Steuergeschenk des Finanzministers und ÖVP-Bauernbündlers Josef Pröll für seine politische Hausmacht sehen - und das in Zeiten von Sparpaketen, wo vor allem Familien geschröpft werden.

Offiziell, so lautet die Sprachregelung der herrschenden Agrarfunktionäre, sind die Sub­ventionen in der Landwirtschaft vor allem deshalb notwendig, um die kleinteilige österreichische Landwirtschaft zu erhalten und vor allem die kleinen Bauern zu fördern.
Forscht man nach, an wen die 2,2 Milliarden Euro Subventionen gehen, die alljährlich in die Landwirtschaft gepumpt werden, erlebt man gehörige Überraschungen. Jeder der etwa 50.000 kleinen österreichischen Bauern erhält im Durchschnitt nur 2.100,- Euro pro Jahr. Das ergibt eine Summe von rund 100 Millionen Euro - also weniger als 5 Prozent des gesamten Kuchens. Etwa genauso viel Geld - geschätzte 100 Millionen Euro - wird an ÖVP-Bauern­funktionäre verteilt.
Der große Rest geht vor allem an multinationale Konzerne wie etwa den Milka-Hersteller Kraft Foods, an Raiffeisen-Betriebe wie Schärdinger oder Agrana, an reiche Großbauern und Großgrundbesitzer, an steuerbegünstigte Privatstiftungen sowie an Multimillionäre und Milliardäre, die nebenbei auch einen Landwirtschaftsbetrieb besitzen.
Beispielsweise
•  Privatstiftungen des Fürsten Liechtenstein (1,6 Millionen Euro)
•  Der Bankbesitzer Julius Meinl (34.000,- Euro)
•  Die Kronenzeitungs-Familie Dichand (130.000,- Euro)
•  Der Red Bull-Erfinder Dietrich Mateschitz (4.715,- Euro)
•  Porsche-Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Wolfgang Porsche (rund 55.000,- Euro)
•  Privatstiftungen von Friedrich Karl Flick (17.000,- Euro)
•  Ein Mitglied der Swarowski-Sippe (25.000,- Euro)
•  Der Papierindustrielle Alfred Heinzel (415.000,-)

Die offizielle Begründung der Agrarbürokratie für derartige Zuwendungen lautet, ich zitiere: Um ein "stabiles Einkommen zu gewährleisten." - Für den kleinen Bergbauern mag das ja zutreffen, aber für einen Multimillionär oder Milliardär? Hier handelt es sich wohl um eine Form sozialer Mindestsicherung für Reiche. Wer es wagt, das zu kritisieren, wird von Agrarfunktionären beschimpft. Wie aus einem Mund erklären Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich, Landwirtschaftskammer-Präsident Gerhard Wlodkowski und ÖVP-Bauernbund-Chef Fritz Grillitsch, hier handle es sich einfach nur um eine Neiddebatte.

Zusammenfassend zwei offizielle Zahlen aus dem Grünen Bericht des Landwirtschafts­ministeriums, die die derzeitige Tendenz der Agrarförderungen belegen:
Die kleinsten Bauern erhalten pro Hektar durchschnittlich 448,- Euro Subvention, die größten Bauern durchschnittlich 544,- Euro.

Raiffeisen - Gewinne hui, Steuern pfui

Der größte Konzern Österreichs, die Raiffeisengruppe, die nicht nur im Banken-, im Tourismus und im Medienbereich, sondern auch in der Landwirtschaft eine dominierende Position hat, kassiert nicht nur fette Landwirtschaftssubventionen, sondern zahlt trotz Milliardengewinnen fast keine Steuern. Meine Recherchen ergaben folgendes:

In den Jahren 2006 - 2008 verbuchten alle acht österreichischen Raiffeisen-Landesbanken zusammengenommen Gewinne in der Höhe von 1,9 Milliarden Euro. Dafür bezahlten sie Steuern in der Höhe von rund 19 Millionen Euro. Das ergibt einen Steuersatz von nur einem Prozent. Der offizielle Steuersatz für österreichischen Unternehmen und Banken beträgt jedoch 25 % - es wären also 457 Millionen Euro, die allein die Raiffeisen-Landesbanken an den Staat abliefern hätten müssen. Dass sie es nicht tun müssen, ist von der Politik durchaus so gewollt. So etwas nennt man Macht.

Hans Weiss, freier Journalist in Wien, hat als Autor oder Koautor mehr als Dutzend Bücher mit einer Gesamtauflage von mehr als fünf Millionen veröffentlicht, darunter Bestseller wie Bittere Pillen, Schwarzbuch Markenfirmen oder Korrupte Medizin. Mehrere journalistische Preise, zuletzt Bruno Kreisky-Anerkennungspreis für das politische Buch (2004).



Freitag, 19. April 2024

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