Alt ist nur die äußere Hülle. Am Puls der Zeit verläuft im Posthof seit anno 1984 die Feldforschung aus Musik, Tanz, Theater, Kleinkunst und Literatur! Die Mission im uralten Gemäuer der ehemaligen Poststallmeisterei am Linzer Hafen: gepflegte kulturelle Nahversorgung mit heimischen und internationalen Größen nebst Förderung der jungen Szene. Das Zwischenresultat nach drei Dekaden: erstaunlich vielfältig (bislang 6500 durchgeführte Veranstaltungen), hochattraktiv (2 Millionen BesucherInnen). Rundes Jubiläum für Zeitkultur am Linzer Hafen!

Punktgenau zum Reinfeiern in den 30. Posthof-Geburtstag am 1.9. eröffnet die legendäre Hamburger Indiepop-Band Blumfeld in Originalbesetzung bereits am 31.8. eine Reihe von außergewöhnlichen Sondervorstellungen, die den gesamten Herbst und bis in den Winter hinein das Saisonprogramm dominieren werden. Die hochkarätige Klammer bilden dabei die einmaligen Gastspiele des britischen Universal-Musikgenies Elvis Costello am 26.10. und der italienischen Hollywood-Diva Isabella Rossellini am 10.1.15.

Weitere Highlights sind so unterschiedliche Acts wie das Wavepop-Trio Future Islands aus Baltimore, der heimische Klangbotschafter Hubert von Goisern, die unvergleichlich wandelbare, niederländische Tänzerin Sabine Molenaar, das eigene 30-jährige Jubiläum der britischen Avantgardetheater-Pioniere Forced Entertainment und des Bremer Dada-Kabaretts Theatre du Pain oder auch das kabarettistisch/musikalische Gipfeltreffen von Stermann & Grissemann mit Oliver Welter (Naked Lunch).

Parallel zu den Einzelterminen des Jubiläumsprogramms und neben einer Neuauflage der bestehenden Sparten-Abos aus Musik bzw. Tanz/Theater/Kleinkunst/Literatur wird erstmals auch ein eigenes Crossover-Jubiläumsabo mit Schmankerln aus dem gesamten „Posthof-Universum“ angeboten.

Feiern Sie mit!

Liebes Publikum,

beim Rückblick rauschen die Bilder durch den Kopf, denkwürdige Momente tauchen auf, zahllose Anekdoten: das große Staunen, als zum ersten Mal die Compagnie Philippe Genty ihren Zauber auf der große Bühne entfaltete, die Erschütterung und gleichzeitig das befreiende Gelächter, als Neville Tranter seine Puppen in Hitlers Führerbunker zum Leben erweckte, die Gänsehaut, die einem über den Rücken kroch, als das Zürcher Schauspielhaus in Elfriede Jelineks "Rechnitz" das Publikum auf eine Reise in die Gräuel der österreichischen Vergangenheit mitnahm. Oder der Abend mit Martin Suter, dem Grandseigneur der Schweizer Literatur, dem der Ruf, ein Gourmet zu sein, vorausgeeilt war, und für den daher im Posthof-Beisl edle Gerichte vorbereitet wurden - und der dann nach der Lesung selig lächelnd vor einem Paar Debrezinern saß...

Beim Blick auf Gegenwart und Zukunft dominieren die Überlegungen, die hinter der Programmgestaltung liegen. Was hält das so vielfältige Angebot im Innersten zusammen? Zu Allererst sicher der Anspruch, dass das Haus mehr sein muss als ein reiner Veranstaltungsort, mehr als eine Abspielhütte, wo Tourproduktionen durchgeschleust werden. Der Posthof lebt durch sein (kultur)politisches Profil, durch eine klare inhaltliche Positionierung. Dafür gibt es viele Beispiele; richtungsweisend in jüngerer Zeit waren etwa die Reihe "Zukunft Europas", in deren Rahmen große Geister aus verschiedensten Wissensgebieten zu Gast waren, von Cees Nooteboom bis Juli Zeh, oder das mit FIFITU% gemeinsam gestaltete Symposion "Feministische Perspektiven". Aber auch in nicht explizit diskursiven Veranstaltungsreihen und Festivals zeigen sich die Haltung und die Linie des Hauses. So steht der Posthof für politisches, engagiertes Kabarett und bösen, schwarzen Humor - oberflächliches Comedy-Geblödel wird man vergeblich suchen. Im Tanz und im Theater stehen internationale, renommierte Ensembles gleichberechtigt neben Uraufführungen und Koproduktionen mit der heimischen Szene, die uns besonders am Herzen liegt. Besonders im "Heimspiel" und im "TanzTageLabor" richten wir den Fokus auf die feinen Arbeiten der so vielfältigen Linzer freien Szene.

Auch ästhetische Kriterien sind mitnichten unpolitisch: im neuen Theaterfestival "Last Minute" etwa liegt der Schwerpunkt auf avantgardistischen, "wilderen" Formen der Bühnenkunst; hier gibt es Spielarten des "postdramatischen Theaters" oder der "Live Art" zu bestaunen, die im Angebot der Stadt sonst fehlen. Wer die wunderbare Vorstellung "Before your very eyes" von Gob Squad noch in Erinnerung hat, in der Kinder und Jugendliche ihr eigenes Erwachsenwerden spielen, kann davon erzählen, wie mitreißend das angeblich so sperrige Gegenwartstheater sein kann. Davon überzeugen kann man sich auch in unserem Juiläumsprogramm: die legendären britischen Bühnenpioniere "Forced Entertainment" feiern gemeinsam mit dem Posthof ihr 30jähriges Bestehen...

Wenn dann im Jänner, als Schluss- und Höhepunkt der Feierlichkeiten, der Auftritt von Weltstar Isabella Rossellini vor der Tür steht, werden in der Küche des Beisls wieder die Köpfe rauchen. Angeblich ist sie ein Gourmet.

Wilfried Steiner
Künstlerischer Leiter Posthof, Tanz, Theater, Kleinkunst, Literatur

Emotion, Identität, Qualität

Wer hätte vor 30 Jahren gedacht, dass aus dem Posthof einer der wichtigsten heimischen Nahversorger und Impulsgeber in Sachen Popkultur werden würde. Die Art und Weise, wie Musik in unserem Alltag begegnet und konsumiert wird, hat sich radikal verändert. Hatte man früher noch Konzerte veranstaltet um Tonträger zu verkaufen, so werden nun Alben produziert um Konzerttickets abzusetzen. Nicht nur die sogenannte Musikindustrie hat sich rasant gewandelt, auch die Halbwertszeit von Musikgenres und Styles wurde immer kürzer.

Die Konstante bei diesem Paradigmenwechsel ist die Leidenschaft, die revolutionäre Kraft von Musik, die in ihren besten Momenten identitätsstiftend, wachrüttelnd und ebenso hedonistisch oder schlicht unterhaltsam sein kann. Diese Qualitätsmerkmale sind auch der rote Faden, betrachtet man 30 Jahre Musik im Posthof. Brennend, zeitkritisch und ungestüm waren die jungen Wilden wie Billy Bragg, The Style Council, Pixies, Bjork und Nick Cave, die in den Anfangsjahren zeigten, wohin die Reise gehen sollte. Seelenvoll und elektronisch ging es mit Curtis Mayfield, Bobby Womack und Kraftwerk weiter, um nur einige wenige stilprägende KünstlerInnen zu nennen, die dem Posthof über die drei Jahrzehnte die inhaltliche Gestalt, das Fundament gaben.

Heute ist der Posthof vielleicht erwachsen und professionell geworden, die Prämisse Zeitkultur jenseits aller Scheuklappen der sogenannten Hochkultur zu präsentieren und den interessanten Mainstream mit Geheimtipps zu verbinden, ist unverrückbar inhaltliche Vorgabe und Programm. Dass dabei nicht auf die regionale Szene vergessen wird, versteht sich.

Dass sich der Posthof nach 30 Jahren als pulsierendes und richtungsweisendes Haus entwickelt hat, welches von so manchen namhaften Künstlern als Benchmark der europäischen Clubszene gehandelt wird, liegt in erster Linie an der Leidenschaft und Kompetenz des Teams, das das pulsierende Herz des Posthofs ist.

In diesem Sinne freue ich mich auf eine aufregende Jubiläumssaison, die voller magischer und spannender Abende ist. Drei davon möchte ich herausheben: Blumfeld, die stilprägende deutsche Diskursband, die am 31.8. mit uns in den 30. Geburtstag des Posthofs hineinfeiert, Elvis Costello, einer der Säulenheiligen der Popgeschichte, der am 26.10. mit uns exklusiv Geburtstag feiert, und The Future Islands, eine aktuelle brennende Band, die nicht nur in Hipster-Kreisen für Furore sorgt und am 18.10. auch die lahmste Hüfte zum Tanzen bringen wird.

Auf Unbekanntes einlassen, alte Helden genießen und den jungen Stürmern eine Chance geben, das wünsche ich uns für die nächsten 30 Jahre Posthof.
Wir sehen uns im Posthof.

Gernot Kremser
Künstlerischer Leiter Posthof, Musik